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Editorial


Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 % im Vergleich zum Jahr 1990. Dies war das ambitionierte Ziel Deutschlands für das Jahr 2020. Inzwischen ist klar, dass die Bundesrepublik es verfehlen wird. Alles spricht dafür, dass nur 32 anstatt der geplanten 40 % eingespart werden können.

Nun setzt die Bundesregierung alles daran, zumindest die Ziele für das Jahr 2030 zu erreichen. Bis dahin soll Deutschland seine Treibhausgasemissionen um 55 % im Vergleich zum Jahr 1990 senken. Wie genau dieses Ziel erreicht werden soll, beschreibt das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung, das am 20.9.2019 verabschiedet wurde. 19 Stunden lang hatte das Klimakabinett in der Nacht von Donnerstag auf Freitag verhandelt, dann standen die Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm fest.

Das Klimaschutzprogramm setzt sich aus vier Elementen zusammen. Zunächst sind Förderprogramme und Anreize zur CO2-Einsparung geplant. Das zweite Element besteht in der Bepreisung von CO2-Emissionen. Als dritten Punkt sieht das Paket eine Entlastung der Bürger vor. Das vierte Element stellen schließlich regulatorische Maßnahmen dar.

Als Fördermaßnahmen sind zunächst steuerliche Erleichterungen für die Sanierung von Gebäuden vorgesehen. Zudem soll die Elektromobilität ausgebaut werden. Dazu soll die Ladeinfrastruktur verstärkt werden. Bis 2030 sollen insgesamt 1 Million Ladestationen zur Verfügung stehen. Ab dem Jahr 2021 soll außerdem eine Kaufprämie für Pkw mit Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffzellenantrieb eingeführt werden.

Bei der Lkw-Maut soll zukünftig eine Differenzierung nach CO2-Emissionen erfolgen und auch die Höhe der Kfz-Steuer soll sich stärker an den Emissionen der Fahrzeuge orientieren. Darüber hinaus sollen Bahnreisen billiger werden, indem die Mehrwertsteuer für Bahntickets von 19 auf 7 % gesenkt wird. Um Flugreisen unattraktiver zu machen, soll zudem die Luftverkehrssteuer ab dem 1.1.2020 angehoben werden.

Des Weiteren sollen vermehrt effiziente Heizungsanlagen zum Einsatz kommen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Austausch einer alten gegen eine neuere und effizientere Heizungsanlage mit einem Zuschuss von bis zu 40 % der Kosten gefördert. Der Einbau von Ölheizungen soll dagegen ab 2026 verboten sein.

Zentraler Punkt des Maßnahmenpaketes ist die Einführung eines Preises auf CO2-Emissionen in den Sektoren Verkehr und Wärme. Nach langen Diskussionen, ob eine Steuer auf CO2 erhoben oder ein Handel mit CO2-Zertifikaten auf nationaler Ebene eingeführt werden sollte, hat sich das Emissionshandelssystem durchgesetzt. Zunächst werden Zertifikate zu einem Festpreis ausgegeben, der bis zum Jahr 2025 kontinuierlich ansteigen soll. Ab dem Jahr 2026 wird dann eine maximale Emissionsmenge festgelegt, die von Jahr zu Jahr geringer wird. Für die Auktionierung der Zertifikate wird dann sowohl ein Mindest- als auch ein Höchstpreis festgelegt. Ob für das Jahr 2027 ebenfalls ein Einstiegs- oder Höchstpreis festgelegt wird, entscheidet sich erst 2025.

Als Entlastungen für die Verbraucher ist eine Reduzierung der EEG-Umlage um 0,25 Cent pro Kilowattstunde ab 2021 geplant. Zudem soll die Pendlerpauschale ab 2021 von 30 auf 35 Cent angehoben werden. Schließlich soll das Wohngeld um 10 % erhöht werden, um soziale Härten bei steigenden Heizkosten zu vermeiden.

Die Finanzierung der geplanten Maßnahmen soll dabei ausschließlich über die zusätzlichen Einnahmen erfolgen. Insgesamt wird bis zum Jahr 2023 mit Kosten von über 54 Milliarden EUR gerechnet. Diese Summe müsste damit durch Erlöse für die Emissionszertifikate und deren Zuweisung durch den Bund wieder eingenommen werden.

Darüber hinaus soll auch erstmals eine gesetzliche Regelung des Klimaschutzes geschaffen werden. Das Bundes-Klimaschutzgesetz liegt bisher erst als Entwurf vor, soll jedoch noch dieses Jahr verabschiedet werden. Mit dem Gesetz wird erstmals eine verbindliche rechtliche Regelung für die Senkung der Treibhausgasemissionen vorliegen.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, zur Senkung der Emissionen sechs Sektoren festzulegen. Dabei soll es sich um die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Sonstiges handeln. Für jeden Sektor werden jährliche Höchstmengen an Treibhausgasemissionen festgelegt. Bis zum Jahr 2030 sollen die vorgeschriebenen Emissionsmengen dann stetig sinken.

Direkt nach der Verabschiedung des Klimaschutzprogramms 2030 hagelte es Kritik. Die Opposition, Umweltschützer, aber auch Wirtschaftsverbände kritisierten das vorgestellte Maßnahmenpaket scharf. Die zusätzlichen Kosten für Benzin und Diesel und die zeitgleiche Anhebung der Pendlerpauschale seien widersprüchlich. Ein echter Anreiz zu einer Änderung des Verkehrsverhaltens werde so nicht gesetzt. Wissenschaftler gehen zudem davon aus, dass die geplanten Maßnahmen nicht ausreichen werden, um bis zum Jahr 2030 eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 55 % zu erreichen. Werden in den nächsten Jahren also Verschärfungen der Maßnahmen notwendig? Möglich wäre dies jedenfalls, da sowohl das Klimaschutzprogramm 2030 als auch der Entwurf des Bundes-Klimaschutzgesetzes ein jährliches Monitoring vorsieht. Für jedes Jahr bis 2050 sollen die Minderungsziele in den einzelnen Sektoren gesetzlich festgeschrieben werden. Ein externer Expertenrat soll die Einhaltung dieser Ziele überwachen. Es bleibt also abzuwarten, als was sich das Klimaschutzprogramm in den kommenden Jahren herausstellen wird. Vom großen Wurf bis zur großen Enttäuschung erscheint noch alles möglich.

Dr. Gernot-Rüdiger Engel

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